1. Jahrestagung der David-Mevius-Gesellschaft in Wismar

1. Jahrestagung der David-Mevius-Gesellschaft in Wismar

Organisatoren
David-Mevius-Gesellschaft
Ort
Wismar
Land
Deutschland
Vom - Bis
27.05.2005 - 28.05.2005
Url der Konferenzwebsite
Von
Christoph Schmelz, Wiesbaden

Am 27. und 28. Mai 2005 fand in Wismar die 1. Jahrestagung der am 05. Dezember 2004 gegründeten David-Mevius-Gesellschaft statt. Die Tagung wurde durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Historischen Kommission für Pommern, der Juristischen Studiengesellschaft Vorpommern, der Schwedischen Botschaft Berlin, der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und eines Einzelspenders ermöglicht. Ca. 45 Historiker, Rechtshistoriker und Archivare aus Deutschland, Schweden, Dänemark und Polen trafen sich, um gemäß dem Satzungszweck das Wirken von David Mevius als Wissenschaftler und Praktiker und die Beziehungen zwischen Schweden und seinen deutschen Provinzen auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet interdisziplinär zu erforschen.

Die Tagung begann am 27. Mai 2005 mit einer Abendveranstaltung in der St. Nikolai-Kirche zu Wismar, wo Pastor Dr. Andreas von Maltzahn zunächst die Situation der Gemeinde vorstellte, bevor Restaurator Andreas Mieth einen interessante Einblick in sein restauratorisches Gutachten zum stark beschädigten Epitaph von David Mevius in der Nikolaikirche gab. Die Mevius-Gesellschaft sammelt Spenden zur Restaurierung des Epitaphs, um es wieder in barockem Glanz erstrahlen zu lassen. Zu diesem Zwecke wurde ein Spendenkonto bei der Sparkasse Vorpommern, BLZ 15050500, Kontonr. 232015872, Verwendungszweck: Epitaph eingerichtet. Die anerkannte Gemeinnützigkeit des Vereins erlaubt es dem Autor, der gleichzeitig Schatzmeister der Gesellschaft ist, Spendenquittungen auszustellen. (bzgl. der Spendenquittungen wenden Sie sich bitte an: RA Dr. iur. Christoph Schmelz, Johannisberger Str. 3, 65197 Wiesbaden).

Im Anschluß daran würdigte der Vorsitzende der Mevius-Gesellschaft, Dr. Nils Jörn, in seinem Abendvortrag mit dem Titel "Treuer Gottes Knechte Freuden Lohn" David Mevius anhand einer Kommentierung seiner Leichenpredigt als Juristen von europäischem Rang. Zu dieser Feststellung gelangte der Referent aufgrund seiner Studien zu Juristenbiographien des 16. bis 18. Jahrhunderts. Jörn stellte die Biographie Mevius' in großen Zügen vor und gab einen Einblick in das vielfältige und umfangreiche Wirken des pommerschen Juristen und Diplomaten. Überrascht stellte er fest, daß der Mann, der die Anfertigung seines Epitaphs einem bedeutenden norddeutschen Barockkünstler anvertraute, die Autorenschaft der Leichenpredigt einem jungen, von ihm protegierten Pommern übertrug, der bisher in dieser Frage über keinerlei Erfahrungen verfügte. Angesichts der Bedeutung der Leichenpredigt für die Memoria eines Verstorbenen ging Jörn davon aus, daß Mevius den Text vor seinem Tod selbst bzw. mit Hilfe seiner Schwiegersöhne erstellt hatte und diesen nur unter dem Namen Samuel Reimers veröffentlichte.

Am nächsten Tag wurde die Konferenz mit einem Vortrag von Dr. Dirk Alvermann zum Wirken von Mevius als Juraprofessor und Assessor des Konsistoriums in Greifswald in den Jahren 1635 bis 1637 eingeleitet. Hierbei wurde ein facettenreicher Einblick in das Wirken von Mevius an der Universität präsentiert, das sich durch politischen Gestaltungswillen und familienpolitische Einflußnahme und Interessenverteidigung bei Stellenbesetzungen an der Universität auszeichnete. Bereits Großvater und Vater hatten als Juraprofessoren und Assessoren sowie Direktoren des Greifswalder Konsistoriums gewirkt - David Mevius sicherte die starke Stellung der Familie bei Übernahme der Vizepräsidentschaft am Tribunal im Jahre 1653 dadurch, daß er sich die Rückkehr an die Universität offenhielt und während seiner Zeit am Tribunal Substituten benannte, die das Amt verwalten sollten. Alvermann beleuchtete in seinem Vortrag wichtige Jahre in der Biographie von Mevius, die in der bisherigen Forschung angesichts der Fokussierung auf seine Tätigkeit als Vizepräsident am Wismarer Tribunal kaum Beachtung fanden.

Einen weiteren Baustein für das biographische Mosaik von Mevius präsentierte Prof. Dr. Herbert Langer, indem er "David Mevius als Syndikus der Stadt Stralsund" vorstellte. Mit seiner Tätigkeit als Syndikus legte Mevius den Grundstein für eine glänzende diplomatische Karriere. Die nach dem Eintritt Schwedens in den Krieg einer unsicheren politischen Zukunft entgegensehende wichtigste Stadt Vorpommerns bedurfte eines tüchtigen Anwaltes, der ihre Interessen bei der schwedischen Regierung vertrat. Der Erfolg von Mevius´ Wirken wurde letztlich im Osnabrücker Frieden dergestalt manifest, daß er der Stadt Stralsund die Garantie aller Privilegien, auf deren Fortbestand sie wert legte, sichern konnte. Durch sein engagiertes Wirken in Stralsund brachte sich Mevius bei der schwedischen Krone nachhaltig für höchste diplomatische Aufträge ins Gespräch und sammelte wichtige Erfahrungen, die ihm nach 1653 u.a. bei der Direktion des Niedersächsischen Reichskreises halfen.

Prof. Dr. Kjell Åke Modéer, der mit seiner Dissertation aus dem Jahre 1975 zu den "Gerichtsbarkeiten der schwedischen Krone im deutschen Reichsterritorium" zum Begründer der modernen Forschung zum Wismarer Tribunal wurde, stellte Mevius, den "Vater der Tribunalsordnung", als aktiven Rechtsgestalter und -anwender vor. Mevius war nicht nur ein glänzender Wissenschaftler, sondern ein ebenso herausragender Praktiker. Im Mittelpunkt der legislativen Gestaltung der Tribunalsordnung stand für Mevius die Forderung der Parteien nach schneller Abwicklung anhängiger Verfahren. Die Gedanken von Mevius zur prozessu-alen Ausgestaltung wurden letztlich in der Tribunalsordnung von 1656 in die endgültige gesetzliche Form gekleidet. Mit der Einführung eines besonders zügigen Prozesses wurde das Tribunal zu einem Vorbild für das Gerichtswesen im Alten Reich. Insofern hat Mevius deutsche Prozeßrechtsgeschichte geschrieben.

Oliver Schihin stellte in seinem Vortrag "Zwischen gelehrtem Recht und territorialer Praxis. Einige Aspekte der Leibeigenschaftstheorie von David Mevius" die wichtigsten Erkenntnisse seiner im Jahre 2003 in Bern eingereichten Lizentiatenarbeit vor. Er führte dabei aus, daß Mevius die grundsätzliche Legitimität der Leibeigenschaft nie in Frage stellte, ihm aber daran gelegen war, die rechtliche Situation der abhängigen Bauern zu fixieren und Exzesse der Herrschaft somit zu vermeiden. Aus seiner Kenntnis der Stralsunder Situation definierte Mevius das Ausmaß der Dienstpflicht aus der Gewohnheit heraus. Die Halbfreiheit der Bauern schuf dabei einen Existenz gewährleistenden Schutzbereich für diesen und dessen Wirtschaft. Mit diesem Schutzbereich wurde die menschliche Würde des Bauern gesichert. Mevius scheitert als Kind seiner Zeit jedoch daran, diesen Bereich rechtswirksam zu schützen.

Die Tagung wurde abgerundet durch spezifische dogmatische Untersuchungen zu einzelnen Rechtsgebieten: Prof. Dr. Hans-Ulrich Knothe stellte "Überlegungen zu dem Entwurf eines Mecklenburgischen Landrechts von David Mevius" vor und ging dabei zunächst auf die langwierige, seit 1579 andauernde Erarbeitung von Entwürfen ein, die im Spannungsfeld von Herzögen und Landständen entstanden und verworfen wurden. Mevius erhielt den Auftrag zur Erarbeitung des Landrechts im Jahre 1655. Die ersten 3 Teile übergab er bis 1658 an die mecklenburgischen Landstände, den 4. erst im Jahre 1666. Der Entwurf umfasst mehr als 1000 Paragraphen und teilt den Rechtsstoff nach römisch-rechtlichem Vorbild in Personae, res und actiones. In seinem Bemühen, das Rechtsbewußtsein der Bevölkerung zu festigen und teure Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, nahm Mevius die Ziele der großen Kodifikationen der Aufklärungszeit vorweg. Knothe hob besonders die große Praxisnähe und die daraus hervorgehende rechtsschöpferische Seite des Entwurfs hervor. Umso tragischer war es, daß es Mecklenburg aufgrund der Streitigkeiten zwischen Herzog und Landständen verpasste, diesen Entwurf anzunehmen und zum Gesetz zu erheben.
Prof. Dr. Stephan Buchholz widmete sich den Beiträgen von David Mevius zur Ausgestaltung und Ausprägung des "Usus modernus pandectarum" anhand zweier Beispielsfälle aus dem "Commentarius in ius lubecense" zum Immobiliarsachenrecht. Dabei kennzeichnete er den Usus modernus als eine Epoche, die sich als besonders produktiv für die Ausbildung der privatrechtlichen Dogmatik erwiesen hat. Aus der Verbindung von römisch- und deutschrechtlichen Bestandteilen gingen eigenständige und zukunftsweisende Rechtsfiguren und Institutionen hervor. Mevius leistete zu dieser Entwicklung wichtige Beiträge, die sich vor allem in seinem "Commentarii in Jus Lubecense" und seinen "Decisiones super causis praecipuis tribunalis regii quod est Vismariae" finden. Buchholz konzentrierte sich in seiner Untersuchung auf die Entwicklung des Gutglaubenserwerbs an Mobilien und des gemeinrechtlichen Hypothekenrechts und stellte den Beitrag Mevius' an der Entwicklung dieser Institute heraus.

Dr. Christoph Schmelz lieferte abschließend eine Analyse von Mevius´ "Commentarius zu wucherlichen Contracten" und stellte dabei heraus, daß es Mevius mit seinen Ausführungen zur Wucherproblematik gelungen war, eine gelungene Synthese zwischen wissenschaftlicher Systematik und rechtspraktischer Erfahrung herzustellen. Ausgehend von einem kurzen Abriß zur Geschichte des Wuchers und seiner Bekämpfung über das kanonische Recht und die Reichspolizeiordnungen stellte Schmelz fest, daß auch Mevius dem kasuistischen Ansatz treu blieb und noch keinen Satz von der Unwirksamkeit sittenwidriger Rechtsgeschäfte konstruierte. Als Persönlichkeit von rechtspolitischem Weitblick wandte sich Mevius nicht generell gegen das Erheben eines Zinses, sondern wollte diesen in einem bestimmten Rahmen ermöglichen.

Die Tagung lieferte insgesamt ein sehr vielschichtiges und facettenreiches Bild von Leben und Werk David Mevius', das als Impetus zu werten ist für weitere spannende Forschungsthemen. Die Biographie und das Wirken von Mevius liefern hierzu einen geradezu idealen Marktplatz der Ideen. Die David-Mevius-Gesellschaft freut sich auch in den kommenden Jahren auf einen fruchtbaren interdisziplinären Gedankenaustausch, der Ende September 2006 auf der nächsten Jahrestagung in Stade zu Vorläufern und Zeitgenossen Mevius' fortgesetzt werden soll. Bis zu diesem Zeitpunkt sollen die Beiträge der ersten Tagung im Druck vorgelegt werden.


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